Ins Mittagessen wird nur kurz reingepickt und in Obst ist zu viel Zucker drin: Viele Frauen pflegen ein kurioses Essverhalten – alles für die Figur, äh, die Gesundheit. Das ist doch dekadent! Ein Empörungsschreiben.

Dieser Artikel ist zuerst am 1.11.2017 auf iconist.de erschienen.

Es gibt immer einen Grund, warum sie nichts essen. Mal sind sie satt, weil sie gerade schon eine halbe Kirsche verspeist haben. Mal ist ihnen zu viel Gluten in der Suppe beim Vietnamesen, sie schmecken das sofort, und müssen deshalb nach zwei Löffeln aufgeben. Mal haben sie ausgerechnet an dem Tag, an dem sie zum Grillabend eingeladen sind, beschlossen, künftig nicht mehr so viel Wein zu trinken und generell kürzerzutreten. Ist am Kartoffelsalat Mayonnaise dran?? Nein, nur ein bisschen Miracel Whip. Geht trotzdem nicht, industriell verarbeitete Lebensmittel essen sie nicht.

Sie, das sind diese Frauen, die im Zweifel lieber gar nichts essen, weil sie panische Angst davor haben, nach einem Pommes-Lunch nicht mehr in die Skinny-Jeans Größe 26 zu passen. Die Frauen, die jedes Abendessen mit Freunden zur Tortur für normalhungrige Menschen machen. Man kann, man soll ja was für die Gesundheit tun – aber bitte geschmeidig bleiben dabei. Gesellig ist dieses Minimalessverhalten nämlich nicht!

Wer isst schon mit Genuss ein Schnitzel, wenn eine andere Frau am Tisch den Kellner nach zwei Rucolablättern schon fragt, ob sie sich den Rest vom kleinen gemischten Salat ohne Dressing einpacken lassen kann?! Es soll auch schon geschehen sein, dass eine Frau erst riiiiesigen Hunger verkündete, im Restaurant aber nur ein Glas Leitungswasser bestellte und dies bei der Kellnerin mit der Erklärung begründete: „Es ist hier schon sehr, sehr teuer.“

Eigentlich müsste man bei einem solchen Verhalten mal vom Tisch aufstehen, die Serviette hinschmeißen und rufen: „Du isst jetzt diese Burrata auf! In Afrika hungern Kinder!!“ Ja, wirklich – das ist doch nicht normal, dass in einer reichen westlichen Gesellschaft Frauen nichts Besseres zu tun haben, als jede einzelne gegessene Olive in eine Ernährungstrackerapp einzutragen.

Das mit dem Afrika-Argument traut sich aber natürlich niemand. Schließlich werden derlei Selbstkasteiungs-Essgewohnheiten unter dem Deckmäntelchen des supergesunden Lebensstils gepflegt. Weil: Wer dünn ist, ist auch gesund, ist doch klar.

Und deshalb werden selbst die absurdesten Auswüchse an Essgewohnheiten klaglos akzeptiert: Die ist schlank, die wird schon wissen, was sie tut. Und vielleicht verträgt sie wirklich keine Kartoffeln und kein Brot, eine allgemeine Kohlenhydrat-Intoleranz sollen ja jetzt viele haben.

Nein! Nichts zu essen, wenn man genug zu essen hat, hat nichts mit Gesundheitsbewusstsein zu tun – das ist einfach nur dekadent. Kürzlich erklärte eine der Autorin bekannte Dame das eigene nicht vorhandene Essverhalten gar damit, dass im Ausland die Deutschen ja immer so dafür belächelt würden, wenn sie Teller komplett leer essen würden –  wollte man nicht als trotteliger Kartoffel-Fresser gelten, könne man das ja echt nicht mehr machen.

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Was zur Hölle?! Gebt doch einfach zu, dass Ihr nicht dick werden wollt und deshalb nur eine Erbse am Tag esst! Meine Güte. Ist doch OK. Ihr sollt nur kein Essen bestellen, wenn Ihr eh nicht vorhabt, das überhaupt anzurühren. Oder auch nur über Essen reden, wenn Ihr bis 15 Uhr nur Kaffee zu Euch nehmt. Das nervt nämlich. Ach ja, noch zwei weitere Regeln: Wer die Kalorienzufuhr auf ein Minimumheruntergefahren hat, braucht sich öffentlich nicht über a) ständige Infekte und b) frühzeitige Faltenbildung im Gesicht auf Grund von mangelnder Polsterung auslassen. So!

Und für Restaurant-Inhaber, die ständig Essen zurücknehmen und wegschmeißen müssen, in die nur zwei Mal reingepickt wurde, kommt hier noch ein Tipp:  Wie wäre es, wenn Sie neben normalen Gerichten auch noch kalorienarme Nährstofflösungen anbieten würden? So mit allen Vitaminen und Proteinen drin? Das müsste in der Karte natürlich alles ganz genau deklariert werden, also: Leckere Nährstofflösung A mit 200 Kalorien, Vitamin B und C und 30 Gramm Eiweiß, zum Beispiel. Die könnten sich Frauen bestellen, die Angst vor zu viel Olivenöl im Salatdressing haben. Und dann daran nuckeln, während die restlichen Freunde am Tisch ungestört ihre Spätzle mit Gulasch genießen können. Lecker!